Zwischen Shoahrelativierungen und VerschwörungsmythenAntisemitismus im Kontext der Pandemie in Niedersachsen
Die Aufgabe von RIAS ist es, antisemitische Vorfälle zu dokumentieren, wissenschaftlich zu analysieren und zu kategorisieren. Betroffene oder Zeug:innen können sich im Falle eines antisemitischen Vorfalls an die Stelle wenden. Zudem wird – sofern dies von den Betroffenen gewünscht ist – eine Verweisberatung angeboten. RIAS verfolgt zudem ein sogenanntes Active-Monitoring. Dies bedeutet, dass die Mitarbeiter:innen der Stelle proaktiv Veranstaltungen beobachten, auf denen es zu potenziellen antisemitischen Vorfällen kommen kann, um diese gegebenenfalls zu dokumentieren. Die RIAS Niedersachsen wird im Rahmen des Bundesprogramms »Demokratie leben« mit Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durch das Landes-Demokratiezentrum Niedersachsen (L-DZ) und aus Mitteln des Niedersächsischen Justizministeriums durch das Landesprogramm für Demokratie und Menschenrechte sowie zusätzlich aus Mitteln der Landeshauptstadt Hannover gefördert.
Am 7. September 2021 verbreitete eine Teilnehmerin einer sogenannten Hygiene-Demonstration offen den Mythos, es gäbe in Deutschland kein gültiges Wahlrecht und die Bundesrepublik sei eine »nichtregierende kriminelle Okkupationsverwaltung«. Mehr geschrien als gesprochen erklärt die Rednerin, Angela Merkel sei die Geschäftsführerin dieser Institution und zudem Jüdin. Doch nicht nur die amtierende Bundeskanzlerin, auch die potenzielle Nachfolgerin Annalena Baerbock wird von ihr als jüdisch markiert. Im weiteren Verlauf wird die Rednerin noch deutlicher und erklärt den Zuhörenden: »Ihr werdet von Juden und von Freimaurern regiert!« Anschließend fordert sie zum Boykott der bevorstehenden Wahl auf. Beendet werden diese Ausführungen mit der Behauptung, dass das Corona-Virus erfunden sei, um Menschen zu versklaven und »Geld abzuzocken«.[1]
Diese Szene steht exemplarisch für verschiedene Narrative innerhalb des verschwörungsideologischen Milieus: Die Leugnung der Pandemie, die das Leben der vergangenen zwei Jahre prägt; die Ablehnung demokratischer Partizipationsmöglichkeiten; das Phantasma, es handele sich bei der Bundesrepublik um keinen Staat, sondern um ein Unternehmen mit Geschäftsführung sowie letztlich das unmittelbare Gefühl, von einer verborgenen Macht betrogen und manipuliert zu werden. All diese Motive amalgamieren in einer menschenfeindlichen Weltanschauung, nach welcher die Geschicke der Welt von einer Gruppe, »den Juden«, kontrolliert werden. Dieser Vorfall wurde der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Niedersachsen mitgeteilt.
Chiffrierung und Codierung von Antisemitismus
So offen wie im oben beschriebenen Beispiel artikuliert sich Antisemitismus im Kontext der Querdenken-Bewegung, in deren Umfeld die Hygiene-Demonstrationen zu verorten sind, nicht immer. Die von RIAS dokumentierten Fälle bedürfen häufig einer Dechiffrierung, um den antisemitischen Gehalt bestimmter Aussagen und Formulierungen offenzulegen. Anders als noch vor hundert Jahren ist es heute zumindest in Deutschland weniger vorstellbar, dass die Parole »Die Juden sind unser Unglück!«[2] sanktionsfrei geäußert werden könnte.
Nach der Shoah[3] und der Weltkriegsniederlage der Nationalsozialisten entstand insbesondere in Deutschland eine Tabuisierung von offenem Antisemitismus. Da die nationalsozialistischen Massenverbrechen gesellschaftlich jedoch verschwiegen und verdrängt, gleichzeitig in Teilen der Bevölkerung die alten Ressentiments im Privaten allerdings weiterhin gepflegt wurden, konnte sich der Antisemitismus trotz des latenten Artikulationsverbots reproduzieren. Antisemitische Narrative, Erzählungen oder auch strukturelle Denkmuster tradierten sich daher und wurden intergenerationell weitergegeben. An die Stelle des offen ausgesprochenen Antisemitismus trat Umwegkommunikation, die mittels Symbolen, wie einem Stern als Markierung, oder Chiffren, wie populären jüdischen Familiennamen à la »Rothschild«, funktioniert.[4] Verschwörungsmythen, die direkt oder strukturell an antisemitische Erzählungen anschließen, bieten dabei eine Möglichkeit, alte Ressentiments zu propagieren, ohne mit Sanktionen rechnen zu müssen.
Antisemitische Vorfälle mit Bezug zur Pandemie in Niedersachsen
Antisemitismus ist also ein historisch höchst wandlungsfähiges Phänomen, welches flexibel auf die sich ändernde gesellschaftliche Lage reflektiert und sich in Krisen weiter radikalisieren kann. Daher ist es nicht verwunderlich, dass RIAS Niedersachsen im vergangenen Jahr vermehrt Vorfälle erfasst hat, die im Kontext der Pandemie stehen. Vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2021 wurden der Stelle insgesamt 26 solcher Vorfälle bekannt. 21 Vorfälle lassen sich dabei dem Post-Shoah-Antisemitismus zurechnen. Sechsmal wurden Stereotype des modernen Antisemitismus erfasst und jeweils in zwei Fällen wurden Motive des antisemitischen Otherings dokumentiert (Mehrfachnennungen sind möglich).[5] Sechs der von RIAS Niedersachsen beobachteten Veranstaltungen wurden als antisemitische Vorfälle verzeichnet.
Fälle, in denen Jüdinnen:Juden eine besondere ökonomische und/oder politische Macht zugeschrieben wird, werden von RIAS der Kategorie des »modernen Antisemitismus« zugerechnet. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich eine rassistische, pseudowissenschaftliche Judenfeindschaft, in welcher das Judentum negativ mit dem neu entstandenen Kapital(ismus) oder direkt mit der Moderne assoziiert wird. Jüdinnen:Juden werden demnach als mächtige gesellschaftliche Einflussgruppe imaginiert, die einen gemeinsamen bösen Plan verfolgt. Diese Chimäre dient fortan als Erklärung und Projektionsfläche für alle als negativ gewerteten gesellschaftlichen Wandlungsprozesse. Antisemitismus fungiert in diesem Sinne als Welterklärungsmodell. Die Kategorie Post-Shoah-Antisemitismus bezieht sich hingegen auf antisemitische Fälle, in denen die Shoah und die nationalsozialistischen Verbrechen thematisiert werden. Nicht nur Verschwörungserzählungen knüpfen an antisemitische Motive an, auch die Gleichsetzungen aktueller staatlicher Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie mit jenen des Nationalsozialismus beinhalten häufig eine Relativierung der Shoah und sind daher antisemitisch.
Die von RIAS Niedersachen verwendeten Vorfallkategorien wurden vom britischen Community Security Trust (CST) entwickelt und wurden von RIAS Berlin für den deutschen Kontext angepasst. Der CST erfasst bereits seit den achtziger Jahren antisemitische Vorfälle in Großbritannien. Die Erfahrung des CST zeigt jedoch, dass erst nach circa fünf Jahren eine regionale Dokumentationsstelle etabliert ist, da erst ab diesem Zeitpunkt das nötige Vertrauen in den jüdischen Communitys aufgebaut und der notwendige Bekanntheitsgrad erreicht ist.[6] Es ist darum wichtig, hervorzuheben, dass es sich bei den genannten Vorfällen lediglich um jene handelt, die RIAS Niedersachsen bekannt geworden sind. Aufgrund ihres relativ kurzen Bestehens – die RIAS Niedersachsen nahm am 1. Oktober 2020 ihre Arbeit auf – muss von einer erheblich höheren Dunkelziffer ausgegangen werden.
Shoahrelativierungen und Verschwörungsmythen
Die am häufigsten erfassten Erscheinungsformen von Antisemitismus in Fällen, die einen Bezug zur Corona-Pandemie aufweisen, verorten sich in den Kategorien »Moderner Antisemitismus« und »Post-Shoah-Antisemitismus«. Die Wirkungsmacht und Funktion dieser antisemitischen Spielarten sollen im Folgenden genauer vorgestellt werden. Die theoretischen Ausführungen werden dabei durch eine Auswahl exemplarischer Vorfälle ergänzt.
Das dichotome Weltbild des modernen Antisemitismus ist strukturell anschlussfähig für Verschwörungsideologien. Für Krisen werden vereinfachende Erklärungen gesucht, die im verschwörungsideologischen Denken häufig nach einem manichäischen Schema funktionieren: Widersprüche werden aufgelöst und die komplexe Realität scheinbar rationalisiert. Aber auch Feindbilder werden mittels Verschwörungsmythen tradiert, indem Probleme personifiziert werden. Krisen somit oftmals auf die ökonomisch orientierte Frage: Cui Bono? – Wer profitiert davon? – reduziert. Die »Schuldigen« können so vermeintlich leicht lokalisiert und als Motive Machtgier und Profitstreben präsentiert werden.
Gemäß eines solchen Denkens wurde auch von Teilnehmenden und in Redebeiträgen auf sogenannten Querdenken-Demonstrationen entweder die Pandemie, die Maßnahmen dagegen oder beides zugleich als globale Verschwörung dargestellt, welche einzig einer bestimmten Gruppe nutze. Dieses Denken wird in dem Begriff der »PLANdemie«, welcher im verschwörungsideologischen Milieu Verbreitung erfuhr, auf den Punkt gebracht. Ein solches Weltbild bietet Anschluss an den alten Topos der Jüdinnen:Juden als mächtige Strippenzieher:innen und heimliche Weltherrscher:innen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass im Verlauf der Kundgebungen und Demonstrationen, die im Kern alle das Virus respektive die Maßnahmen dagegen als geplante Verschwörung betrachteten, auch in Niedersachsen Motive und Aussagen dokumentiert wurden, die an diese antisemitischen Stereotype anknüpften.
Der eingangs geschilderte Vorfall zeigt, wie im antisemitischen Weltbild alle als negativ gewerteten Ereignisse, sei es nun eine globale Seuche oder die anstehende Bundestagswahl, mit einer »jüdischen Verschwörung« erklärt werden. In den Ausführungen wird das Thema der Pandemie in Verbindung mit einer als falsch empfundenen Politik gebracht und in einen antisemitischen Deutungsrahmen gestellt: Die angeblich Verantwortlichen für diese Ereignisse müssen gemäß des antisemitischen Weltbildes von Jüdinnen:Juden kontrolliert werden oder selbst jüdisch sein.
Auch im digitalen Raum beobachtete RIAS antisemitische Vorfälle: So wurde auf Facebook einer Celler Jüdin im September gezielt ein antisemitisches Bild gesendet. Auf diesem wurden die Firmenvorstände von Unternehmen, die Impfstoffe herstellen, als Erkennungscode mit einem sogenannten Judenstern markiert. Als die Frau sich über die ungefragte Zusendung des Bildes empörte, wurde ihr mitgeteilt, dass das Bild beweise, dass Hitler schon damals von dem »Plan von heute« gewusst habe.
In einem weiteren Fall im November aus Oldenburg wies eine Jüdin eine Person in ihrer Kontaktliste darauf hin, dass sich in ihrer Whatsapp-Story ein Bild befindet, welches Viren mit Karikaturen zeigt, die in antisemitischer Tradition gezeichnet wurden. Nach der versuchten Intervention wurde die meldende Person direkt antisemitisch beschimpft. So wurde ihr wörtlich gesagt, dass es in der Welt nicht immer nur um ihre »Nationalität« gehe, und mit einer Strafanzeige gedroht.
Die Inhalte der zwei Vorfälle variieren dabei nur oberflächlich. Jüdinnen:Juden werden entmenschlicht und direkt als Verantwortliche für eine tödliche Krankheit dargestellt oder indirekt beschuldigt, indem postuliert wird, Jüdinnen:Juden würden aus der Pandemie Profit schlagen. Auch wenn, wie im ersten Beispiel, nur Einzelne vermeintlich jüdische Firmenvorstände angegriffen werden, adressieren die verbalen Attacken alle Jüdinnen:Juden. Aus Sicht der Antisemit:innen existieren Jüdinnen:Juden ausschließlich als homogenes Kollektiv. Dies gilt auch, wenn die jüdische Identität der betreffenden Person nur in den Köpfen der Adressierenden besteht.
Der relativierende Zusammenhang zwischen Post-Shoah-Antisemitismus und Pandemie wird etwa verdeutlicht durch die Verwendung des sogenannten Judensterns mit Zusätzen wie »ungeimpft«. Ebenfalls in sozialen Netzwerken geteilt oder auf der Straße verbreitet werden Bilder mit Eingangstoren von Konzentrationslagern, auf denen der bekannte Schriftzug »Arbeit macht frei« in »Impfung/Impfen macht frei« geändert wurde. Beide Motive dienen dazu, gegen einen angeblich drohenden Impfzwang oder die G-Regelungen zu protestieren. Solche Motive sind wiederholt in Niedersachsen an Kleidungsstücken, als Sticker oder Graffiti in mehreren Städten entdeckt worden.[7]
Auch in Redebeiträgen tauchen ähnliche, die Shoah relativierende Motive auf. So verglich ein Redner am 4. September 2021 auf einer Hannoveraner Demonstration die vor kurzem eingeführten 3G-Regeln mit der systematischen Diskriminierung und Ausgrenzung von Jüdinnen:Juden im nationalsozialistischen Deutschland, die der Vernichtung vorhergingen. Er verkündete, früher seien es Jüdinnen:Juden gewesen, denen der Zutritt verwehrt worden sei, heute seien es die Ungeimpften.
Durch diese Aussagen und Symbole werden die Schrecken der Shoah instrumentalisiert, um die eigene Position durch eine plakative Selbstviktimisierung unangreifbar zu machen. Die offen zur Schau gestellte Identifikation mit den Opfern des Nationalsozialismus ist jedoch mehr als bloße politische Strategie oder bewusste Provokation: Die Shoah wird auch heute von einem signifikanten Teil der deutschen Bevölkerung als störend für den positiven Bezug auf das nationale Kollektiv oder die eigene Familienhistorie empfunden. Die Erinnerung an sie wird darum abgelehnt oder das Geschehene zu rechtfertigen versucht.[8] Eine Form dieser Erinnerungsabwehr kann aber auch die Relativierung durch Gleichsetzungen sein, in der die Shoah nicht mehr als das Massenverbrechen eingeordnet wird, das sie war.
Die Identifikation mit den Opfern der deutschen Nationalsozialisten zeugt vom Drang der Querdenker:innen, sich von der bewusst oder unbewusst empfundenen Schuld an jenen Verbrechen zu lösen, die im Namen Deutschlands mitunter auch von den eigenen Verwandten begangen wurden. Da es sich bei dem Großteil der Teilnehmenden um Angehörige der deutschen Mehrheitsgesellschaft, also um Nachfahren derer handelt, die an der Shoah als indirekte oder direkte Täter:innen partizipierten, stellt die Identifikation mit den Verfolgten und Ermordeten eine Täter-Opfer-Umkehr dar. Diese Umkehr wird dadurch verstärkt, dass die an der derzeitigen Lage für schuldig Befundenen als jüdisch gedeutet werden. Die tatsächlich geschehene systematische Entrechtung und Vernichtung von Jüdinnen:Juden im Nationalsozialismus wird damit jedoch verharmlost, da diese Gleichsetzung im Umkehrschluss bedeutet, dass die Verbrechen im Nationalsozialismus auch nicht schlimmer gewesen seien als die heutigen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung.
Fazit
Die von RIAS erfassten Fälle zeigen, dass Antisemitismus, der sich im Kontext der Pandemie artikuliert, sich auf der Ebene von Redebeiträgen und der Verbreitung von Symbolen abspielt, jedoch auch direkt Jüdinnen:Juden trifft. Unwidersprochener Antisemitismus auf den Demonstrationen kann zu einer Zunahme konkreter antisemitischer Attacken führen. Durch die Verschiebung der »Grenzen des Sagbaren« sinkt auch die Hemmschwelle zur Tat. Die teilweise verschleierte und abstrakte Form des Antisemitismus sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gewalt immer wieder zum Ursprungsobjekt des antisemitischen Hasses, also Jüdinnen:Juden, zurückkehren kann. Antisemitismus ist immer eine Erfahrung von Gewalt, die den Alltag von Jüdinnen:Juden prägt.[9] Durch die Popularität des Antisemitismus im Kontext von Covid-19 verschärft sich der alltagsprägende Moment des Phänomens für jene, gegen die er sich richtet erneut.
Literatur:
Bundesverband RIAS e. V.: Bericht dokumentierter antisemitischer Vorfälle 2019, Berlin 2020, URL: https://report-antisemitism.de/documents/2020-05-06_rias-ev-Bericht_dokumentierter_antisemitischer_Vorfaelle_2019.pdf [eingesehen am 07.03.2022].
Bundesverband RIAS e. V.: Jahresbericht – Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2020, Berlin 2021, URL: https://report-antisemitism.de/documents/Antisemitische_Vorfaelle_in_Deutschland_Jahresbericht_RIAS_Bund_2020.pdf [eingesehen am 07.03.2022].
Poensgen, Daniel/Steinitz, Benjamin: Alltagsprägende Erfahrungen sichtbar machen. Antisemitismus-Monitoring in Deutschland und der Aufbau des Meldenetzwerkes RIAS, in: Glöckner, Olaf/Jikeli, Günther (Hrsg.): Das neue Unbehagen – Antisemitismus in Deutschland heute, Hildesheim 2019, S. 173–197.
Recherchenetzwerk gegen Esokram Oldenburg: Post vom 08.09.2021, in: Twitter.com, URL:
https://twitter.com/OlRnn/status/1435532529059209218?s=19&fbclid=IwAR0nkpRSiekRvOxq4gOvGbIi3DTOOubNcjfIN2dpqGhrjGGnld7RKKOmAKw [eingesehen am 27.01.2022].
RIAS Bayern: »Das muss man auch mal ganz klar benennen dürfen« – Verschwörungsdenken und Antisemitismus im Kontext von Corona, München 2021, URL: https://report-antisemitism.de/documents/RIAS_Bayern_Monitoring_Verschwoerungsdenken_und_Antisemitismus_im_Kontext_von_Corona.pdf [eingesehen am 07.03.2022].
Roos, Daniel: Julius Streicher und »Der Stürmer« 1923–1945, Paderborn 2014.
Shoah Resource Center. The International School for Holocaust Studies: Holocaust, URL: https://www.yadvashem.org/odot_pdf/microsoft%20word%20-%206419.pdf [eingesehen am 09.02.2022].
Treitschke, Heinrich von: Unsere Aussichten, in: Preußische Jahrbücher, Bd. 44 (1879), S. 560–576.
World Jewish Congress (WJC): Germany Anti-semitism Assessment Study General Population Survey, 2019, URL: https://jedervierte.com/wp-content/uploads/2021/01/WJC-Germany-Antisemitism-Asessment-Survey_Topline-Results_General-Population2.pdf [eingesehen am 07.03.2022].
[1] Das Video wurde unter anderem von dem »Recherchenetzwerk gegen Esokram Oldenburg« auf Twitter hochgeladen. Siehe: Recherchenetzwerk gegen Esokram Oldenburg: Post vom 08.09.2021, in: Twitter.com, URL:
https://twitter.com/OlRnn/status/1435532529059209218?s=19&fbclid=IwAR0nkpRSiekRvOxq4gOvGbIi3DTOOubNcjfIN2dpqGhrjGGnld7RKKOmAKw, [eingesehen am 27.01.2022].
[2] Die Aussage wurde erstmals 1879 von Heinrich von Treitschke in den »Preußischen Jahrbüchern“ veröffentlicht. Dessen Aufsatz folgte der erste sog. Antisemitismusstreit. Der Begriff wurde später auch von den Nationalsozialisten rezipiert. Vgl. Treitschke, Heinrich von: Unsere Aussichten, in: Preußische Jahrbücher, Bd. 44 (1879), S. 560–576. Vgl. auch Roos, Daniel: Julius Streicher und »Der Stürmer« 1923–1945, Paderborn 2014, S.78.
[3] Shoah (auch Shoa, Schoah oder Schoa; hebräisch הַשּׁוֹאָה ha’Shoah) bedeutet »die Katastrophe«. Der Begriff wird in der jüdischen Tradition verwendet, um den nationalsozialistischen Völkermord an Jüdinnen und Juden zu bezeichnen. Er grenzt sich vom Begriff des Holocaust ab, der aus dem Altgriechischen stammt und ursprünglich ein vollständig verbranntes Tieropfer bezeichnete. Vgl. Shoah Resource Center. The International School for Holocaust Studies: Holocaust, URL: https://www.yadvashem.org/odot_pdf/microsoft%20word%20-%206419.pdf [eingesehen am 09.02.2022].
[4] Einen Überblick über populäre antisemitische Codes und Chiffren im Kontext von Covid-19 gibt die Broschüre „Das muss man auch mal ganz klar benennen dürfen“ von RIAS Bayern. Vgl. RIAS Bayern: »Das muss man auch mal ganz klar benennen dürfen« – Verschwörungsdenken und Antisemitismus im Kontext von Corona, München 2021, S. 18–45, URL: https://report-antisemitism.de/documents/RIAS_Bayern_Monitoring_Verschwoerungsdenken_und_Antisemitismus_im_Kontext_von_Corona.pdf [eingesehen am 07.03.2022].
[5] »Inhaltlich unterscheidet der Bundesverband RIAS [wie auch RIAS Niedersachsen, Anm. d. Verf.] bei der Erfassung antisemitischer Vorfälle fünf verschiedene Erscheinungsformen von Antisemitismus. Im antisemitischen Othering werden Jüdinnen_Juden als fremd oder nicht-dazugehörig zur jeweiligen Mehrheitsgesellschaft beschrieben. Das ist beispielsweise der Fall, wenn jüdische oder nicht-jüdische Institutionen oder Personen als ›Jude‹ beschimpft oder als jüdisch markiert werden. Im anti-judaistischen Antisemitismus werden religiös begründete Stereotype verbreitet, etwa der Vorwurf, Jüdinnen_Juden seien für den Tod Jesu verantwortlich. Wird Jüdinnen_Juden eine besondere politische oder ökonomische Macht zugeschrieben, etwa im Rahmen von Verschwörungsmythen, so wird dies dem modernen Antisemitismus zugerechnet. Post-Shoah-Antisemitismus bezieht sich auf den Umgang mit den nationalsozialistischen Massenverbrechen, beispielsweise wenn die Erinnerung an die NS-Verbrechen abgelehnt wird oder diese bagatellisiert werden. Israelbezogener Antisemitismus liegt vor, wenn sich antisemitische Aussagen gegen den jüdischen Staat Israel richten, etwa indem diesem die Legitimität abgesprochen wird. In der Praxis lässt sich ein antisemitischer Vorfall häufig mehreren Erscheinungsformen zuordnen. Aufgrund dieser Mehrfachzuordnungen ist die Anzahl der festgestellten Erscheinungsformen in der Regel höher ist [sic!] als die Zahl der antisemitischen Vorfälle.« Bundesverband RIAS e.V.: Jahresbericht – Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2020, Berlin 2021, S. 12, URL: https://report-antisemitism.de/documents/Antisemitische_Vorfaelle_in_Deutschland_Jahresbericht_RIAS_Bund_2020.pdf [eingesehen am 07.03.2022].
[6] Bundesverband RIAS e.V.: Bericht dokumentierter antisemitischer Vorfälle 2019, Berlin 2020, S. 7, https://report-antisemitism.de/documents/2020-05-06_rias-ev-Bericht_dokumentierter_antisemitischer_Vorfaelle_2019.pdf [eingesehen am 07.03.2022].
[7] Rias Niedersachsen wurden etwa folgende Vorfälle gemeldet: 15.03.21 Oldenburg, mehrere »Impfung macht frei«-Sticker; 23.03.21 Oldenburg, Graffiti »Impfen macht frei«; 01.04.21 Braunschweig, »Judenstern-nicht geimpft«-Anhänger; 08.05.21 Hannover »Judenstern-ungeimpft«-Sticker; 10.05.21 Hannover, »Judenstern-ungeimpft«-Sticker; 17.12.21 Hannover, »Impfen macht frei«-Sticker; 21.12.21 Bruchhausen-Vilsen, mehrere »Judenstern-ungeimpft«-Sticker.
[8] Laut einer 2019 vom World Jewish Congress veröffentlichten Studie sind 41 Prozent der Deutschen der Meinung Jüdinnen:Juden sprechen zu oft über die Shoah. Vgl. World Jewish Congress (WJC): Germany Anti-semitism Assessment Study General Population Survey, 2019, URL: https://jedervierte.com/wp-content/uploads/2021/01/WJC-Germany-Antisemitism-Asessment-Survey_Topline-Results_General-Population2.pdf [eingesehen am 07.03.2022].
[9] So stellten Poensgen und Steinitz in einem Text, der aus der Zeit vor der Pandemie stammt, bereits fest: »[Antisemitismus] ist für Jüdinnen und Juden vor allem eine alltagsprägende Erfahrung. Antisemitismus begegnet ihnen in sozialen Interaktionen aller Art, sie müssen ihren Alltag daran ausrichten. Jüdinnen und Juden sind täglich gezwungen, das individuelle Verhältnis zwischen ihren vielfältigen jüdischen Identitäten und der Konfrontation mit antisemitischen Artikulationen abzustimmen. Das betrifft Fragen der Sichtbarkeit und Sicherheit, der Konfrontation und der Vermeidung.« Poensgen, Daniel/Steinitz, Benjamin: Alltagsprägende Erfahrungen sichtbar machen. Antisemitismus-Monitoring in Deutschland und der Aufbau des Meldenetzwerkes RIAS, in: Glöckner, Olaf/Jikeli, Günther (Hrsg.): Das neue Unbehagen – Antisemitismus in Deutschland heute, Hildesheim 2019, S. 173–197, hier S. 188.